26. April 2016 Andreas Graff

Kranke Frau braucht staatliche Achtung und Unterstützung

Der Leserbrief, welcher am Dienstag in der SZ Meißen Stadt und Meißen Land Klipphausen, Nossen, Lommatzsch und Diera-Zehren veröffentlicht wurde, hat keine gute Vorgeschichte. Am 17. März wurde in der SZ das Schicksal einer kranken Frau auf dem Lande geschildert, welche sich mit einem Hilferuf an die SZ wandte. Daraufhin stellte ich an den Landrat als Kreisrat Anfragen, die aus meiner Sicht unbefriedigend beantwortet wurden. Die Antwort auf meine Anfrage teilte ich der SZ mit. Dass die 79jährige Dame für die Fahrtkosten mit dem Taxi zum Arzt eine Ablehnung durch das Landratsamt erhielt, bekam ich nicht zu erfahren. Erst mit dem SZ Bericht, wo auch Teile meines Wortlautes in meiner Anfrage an den Landrat veröffentlich wurden, erfuhr ich von der Ablehnung des Antrages. Daraufhin besuchte ich die liebenswert Dame am Sonnabend und Sonntag. Es entstand der untenstehende Bericht. Ich war im Landraum Meißen ca. 15 Km vom Meißen Stadt entfernt und habe als Kreisrat gehandelt.

 

Ein schönes Stück Natur ist der ländliche Raum um Lommatzsch. Auf den Feldern blüht der Raps. Nicht unweit davon, umgeben von Feld und Wiesen, steht ein Dreiseitenbauernhof. Vor der feldwegmäßigen Einfahrt steht ein Stuhl. Kein Wegweiser sondern ein Wartestuhl. Er gibt der 79 jährigen liebenswertigen Dame mit einer 100% Behinderung eine Möglichkeit, auf den fahrenden Bäcker zu warten, um sich Brötchen und Brot für das Wochenende einzukaufen. Genau an dieser Stelle machten wir uns mit Ihr bekannt. Mit zwei Gehilfen und sichtbaren Schmerzen begleitete Sie uns in einem sehr langsamen Gang zu ihrer Wohnung. Freundlich und aufgeschlossen erzählte sie uns, in ihrem gemütlichen Zuhause, aus ihrem arbeitsreichen Leben. Mit zunehmendem Rentenalter, sagte sie, liegen Freud und Leid sehr oft dicht beieinander. Warum wohl, so fragten wir uns, verlagert sich das Empfinden so stark auf das Letztere. Weshalb werden durch die körperlichen Krankheiten, Schlaganfall, genageltes Hüftgelenk, Schulterendprothese und den zwei künstlichen Knien, die Psyche einer so bewundernswerten Frau so zusätzlich belastet? Es sind kurzum gesagt die bürokratischen Hürden, die es leider als Begleiterscheinung unseres guten, modernen Gesundheitswesen und der Gesundheitsfürsorge gibt. Die nun vor Ort vorgenommene Ortsbegehung zeigte uns folgendes: Der Straßenweg einseitig befahrbar und unbeleuchtet führt 800 Meter zur nächsten kleinen Häusergruppe. Von dieser sind es 1700 Meter auf eine zweiseitig befahrbaren Straße ohne Fußgängerschutzweg und Beleuchtung zur nächsten Bushaltstelle bzw. Häusergruppe. Absolut unzumutbar und undiskutabel. Keine Bearbeitungsvorschriften sind verletzt und Fristen überschritten? Wir zweifeln nicht daran, jedoch scheinen sich diese von der Realität zu entfernen. Weshalb finden die konkreten örtlichen Bedingungen keine notwendige Berücksichtigung in den Vorschriften? Die Ursachen liegen in der ungenügenden Beachtung der jeweiligen Spezifik, Alter, Krankheit und der Entfernung zu den gesundheitlichen Betreuungsmöglichkeiten, der örtlichen Infrastruktur. Für uns steht fest. Ein Widerspruch zum abgelehnten Bescheid des Landratsamtes ist gerechtfertigt. Seit zwei Jahren hat die Dame einen Antrag auf einen Pflegeheimplatz gestellt und bis zur Realisierung sollten die Taxifahrten zum Arzt, bezahlbar durch die Krankenkasse, möglich sein.

Unsere Unterstützung haben wir zugesagt. Und wie die Anrufe und Meinungen in Facebook zeigen, werden wir dabei unterstützt.

Andreas Graff
Stadt und Kreisrat DIE LINKE

SZ-Leserbrief vom 26.04.2016
sz-Beitrag vom 22.04.2016

Kategorien: Leserbriefe, Kommunalpolitik

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