Offener Brief an MdL Daniela Kuge
Daniela Kuge, CDU-Abgeordnete im Sächsischen Landtag greift auf Facebook Andreas Graff bezüglich seiner "Vergangenheit" an. Er hat inzwischen mit einem offenen Brief darauf reagiert, den wir hier dokumentieren:
Sehr geehrte Frau Kuge,
nachdenken ist immer gut für Wertungen und Entscheidungen. Das muss aber stets auch mit den richtigen Fragen und den treffenden Antworten verbunden werden, um Informationslücken auszufüllen, und Zusammenhänge zur gesellschaftlichen Realität herzustellen.
Worin besteht nur Ihre Motivation bei Ihrer so abstrakten Einschätzung meiner Tätigkeit als Abteilungsleiter für Staat und Recht in der SED Bezirksleitung Dresden vor 1990?
Sind Sie sicher, dass so mein Funktionsbild in dieser Tätigkeit so von festgelegt war, bei der ich direkt Dr. Modrow unterstand, von dem man in der Öffentlichkeit der BRD als dem Gorbatschow in der DDR sprach?
Im Zusammenhang mit meiner damaligen Tätigkeit kann ich Ihnen prominente Zeitzeugen benennen. Fragen Sie doch einmal CDU-Mitglieder, die im Bezirksvorstand der CDU in der DDR tätig waren. Fragen Sie den Bezirksvorsitzenden der Bauernpartei, der LDPD und der NDPD, die ja in die CDU der BRD übernommen wurden. Und nicht zuletzt, fragen Sie die Bischöfe der großen Kirchen, mit denen ich in einem beiderseits guten bis sehr gutens Verhältnis zusammenwirkte.
Wenn Sie die Pressespiegel des Sächsischen Landtages in diesem Jahr verfolgt haben, dann wird Ihnen vielleicht nicht entgangen sein, dass vor dem Ende der Amtszeit von Honecker gegen Dr. Hans Modrow der Vorwurf des Hochverrates erhoben wurde. Für viele heute unvorstellbar, aber wahr. Es war eine komplizierte Zeit, die glücklicherweise als friedliche Umwälzungen verlief. Ich bin gern bereit, Ihnen über die Ereignisse vor der Wende und über meine folgende 20-jährige Tätigkeit im Sächsischen Landtag zu berichten. Allein von der Aufbauzeit des Landtages und meine aktive Mitwirkung in der Arbeitsgruppe Baden- Württemberg und Sachsen zur Ausarbeitung der Kommunalverfassung (Gemeindeordnung) bis hin zu meiner Tätigkeit als Fraktionsgeschäftsführer gäbe es viel zu erzählen.
Eins möchte ich noch hinzufügen. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, eingeschlossen dem begangenen Unrecht in der DDR, war in der PDS-Fraktion, später der LINKEN, nicht nur Gegenstand in der ersten und der zweiten Wahlperiode des Sächsischen Landtages. Nein, sie hat noch heute Bestand, und bildet die Grundlage für Ehrlichkeit und Gerechtigkeit im Interesse der Wahrung und Entwicklung unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung.
In diesem Sinne, Frau Kuge, haben sie mir geholfen, etwas mehr über mich und mein politisches Engagement aus der Vergangenheit in die Öffentlichkeit zu tragen. Vielleicht ist es gerade 25 Jahre danach an der Zeit, Vergessenes wieder aufzugreifen und erneut zu bewerten.
Wir sind uns im Stadtrat schon oft begegnet. Gerade deshalb wünschte ich mir wahrlich, sie hätten schon eher einmal mit mir gesprochen. Das wäre doch die bessere Methode. Aber wie sagen die Sachsen so schön: Was nicht ist, kann noch werden.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Graff
Stadt- und Kreisrat DIE LINKE. Meißen
Kategorien: Kreisverband Meißen, Offene Briefe
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